Der 2. Platz der Abenteuersport-WM teilt Erfahrungen und Tipps
Sail to the top, c'est la vie
Stell dir vor, dass du gerade den 23 km langen Marathon Tartu absolviert hast. Jetzt kehre zurück nach Otepää, aber […]
Stell dir vor, dass du gerade den 23 km langen Marathon Tartu absolviert hast. Jetzt kehre zurück nach Otepää, aber gehe direkt durch den Wald. Wenn du ankommst, nimm dein Mountainbike und fahre damit 150 km nach Pärnu. Aber auf Wanderwegen, nicht auf Asphalt. Trage das Fahrrad zwischenzeitlich ein paar Mal über einige Moore. Steige in Pärnu in Kajak ein und paddle in Richtung Kihnu. Halte Richtung mit dem Kompass im dunklen Meer und versuche nicht einzuschlafen. Das Paddeln von 40 km dauert 5-6 Stunden. Wenn du ankommst, mach eine Inselrundfahrt zu Fuß, steig wieder ins Kajak ein und durchlaufe die gleiche Route in die entgegengesetzte Richtung. Klingt nach einer ziemlich langen Distanz?
Ungefähr so sieht eine übliche Strecke beim Abenteuersport aus, mit dem Unterschied, dass man normalerweise nicht den gleichen Weg zurückgeht, sondern immer weiter, bis man sein Ziel – das Finish erreicht. Abenteuersport (Expedition Adventure Racing) ist ein teambasierter, ultralanger Ausdauersport. Die Teilnehmer müssen sich durch die Wildnis navigieren, indem sie einer Karte folgen und vorgegebene Kontrollpunkte durchlaufen, um so schnell wie möglich die Ziellinie zu erreichen. Eine klassische Expedition ist 500 bis 800 km lang und dauert mehrere Nächte. Der Wettkampf besteht aus Etappen, die mit menschlicher Kraft in unterschiedlichen Bewegungsarten absolviert werden: zu Fuß, mit dem Fahrrad und mit dem Wasserfahrzeug. Sie bewegen sich Tag und Nacht, ohne anzuhalten, tragen die gesamte notwendige Ausrüstung und entscheiden selbst, ob und wie viel Sie sich auf dem schwierigen Weg ausruhen möchten. Das Team besteht aus vier Mitgliedern, von denen eines weiblich sein muss.
„Wir haben Tage mit 43 Grad Sonnenhitze im unbesiedelten Pantanal, dem größten Feuchtigkeitsgebiet der Welt, erlebt, wo wir auch ein tropisches Gewitter überstehen mussten. Wir haben den Schmerz von 30 m/s fliegenden Sandkörnern in der Ulungur-Wüste in Nordchina gespürt und mussten in den Bergen von Equador auf 4300 Meter bei dichtem Nebel und Eisregen eine außerplanmäßige Übernachtung (Warten auf den Morgen) machen.“
Timmo Tammemäe
Die Wettkämpfe in Estland sind etwas menschlicher, wobei man richtige Gefühl, die Erfahrung und die Emotionen auch von der 200 km langen Wanderung vermittelt werden. Ein solcher Wettkampft ist die Tactical Foodpack Expedition Estonia, die zum 6. Mal stattfindet und am ersten Freitag im Juli bei Sonnenuntergang beginnt. Diese Expedition wird vom estnischen ACE Adventure La Sportiva organisiert, Estlands erfahrensten und stärksten Abenteuersportteam, wobei eines der Mitglieder der Autor dieses Beitrags ist. In den letzten 10 Jahren haben wir auf der ganzen Welt in verschiedenen Ländern an Wettkämpfen teilgenommen und 3-4 ultralange Wettkämpfe in eine Saison gesteckt. Wir haben Tage mit 43 Grad Sonnenhitze im unbesiedelten Pantanal, dem größten Feuchtigkeitsgebiet der Welt, erlebt, wo wir auch ein tropisches Gewitter überstehen mussten. Wir haben den Schmerz von 30 m/s fliegenden Sandkörnern in der Ulungur-Wüste in Nordchina gespürt und mussten in den Bergen von Equador auf 4300 Meter bei dichtem Nebel und Eisregen eine außerplanmäßige Übernachtung (Warten auf den Morgen) machen. Jeder Ort, den wir besucht haben und alles wir dort gelernt haben, ist einzigartig gewesen. Die gesammelten Erfahrungen und eine starke Selbstanalyse haben unserem gesamten Team geholfen, Jahr für Jahr besser und besser zu werden. Wir haben gelernt zuzuhören und unseren Körper besser kennenzulernen und haben die Fähigkeit erworben, uns selbst und unsere Begleiter auf einer langen Reise zu unterstützen – das Team bewegt sich genauso schnell wie sein langsamstes Mitglied. Bei der letzten Weltmeisterschaft in Spanien haben wir einen historischen 2. Platz belegt und dieses Jahr haben wir in Lesotho, Südafrika, unseren allerersten Weltcup-Seriensieg geholt (wir hatten damals bereits sechs 2. Plätze belegt und wurden deswegen für neue Abenteuer mit dem Satz „kommt diesmal nicht an zweiter Stelle“ motiviert).
Was habe ich in all den Jahren gelernt? Aus individueller Sicht besteht ein erfolgreicher Wettkampf inklusive aktiver Bewegung in der Natur im Wesentlichen aus vier Grundkomponenten:
- Körperliche Ausdauer, die Fähigkeit, die Kraftreserven zu verteilen, und vor allem die Fähigkeit, sich selbst zu schonen. Die Füße sind das wichtigste Gut, ohne sie können Sie sich nicht von einem Ort zum anderen bewegen. Wenn Sie fühlen, dass es irgendwo reibt, müssen Sie sich sofort darum kümmern, um nicht mit den Folgen fertig zu werden. Die Sonne ist in Estland vielleicht nicht besonders großes Problem, aber in wärmeren Klimazonen verursacht ein starker Sonnenbrand an einem Tag Störungen in der Thermoregulation des Körpers und am nächsten Tag beschäftigt sich der Körper mit Heilung.
- Mentale Ausdauer, wobei das Schlafen der größte Feind ist, und die Bewältigung damit bei extra langen Rennen, bei denen die Schlafzeit dem Team überlassen wird und innerhalb der Rennzeit liegt. Während der letzten WM-Etappe gab es beispielsweise in 4 Nächten Schlafzeit nur 1.20 Stunden. Hinsichtlich der Tactical Foodpack Expedition Estonia ist es mental anstrengend, einige lange Etappen zu absolvieren, und auch der Gedanke, dass das Ziel noch so weit weg ist. Ich persönlich teile die gesamte Distanz normalerweise in Abschnitte auf. Anstatt zu denken, wie weit es bis zum Ziel ist, denke ich, wie weit es bis zum nächsten Übergangspunkt ist (um die Etappe zu Fuß zu beenden und auf das Fahrrad zu steigen), oder wenn ich die Etappe noch kürzer hacke, denke ich auf den nächsten Kontrollpunkt und dann wieder auf den nächsten.
- Das Essen – du bist, was du isst. Als wir mit dem Abenteuersport anfingen, wurde viel Wert auf Süßes gelegt – verschieden Gels, Sportgetränke usw. Schnell wurde uns klar, dass man sich mit schnellen Kohlenhydraten nicht lange anstrengen kann, man braucht richtiges Essen. Da es aufgrund des Verderbs in heißen Klimazonen nicht möglich ist, sein eigenes Sandwich Tage im Voraus zuzubereiten oder Rohstoffe mitzunehmen („traveling light“ und keine Zeit zum Kochen), sind wir durch Praxis zu gefriergetrockneten Fertiggerichten gekommen. Die Speisen, die einem echten Braten würdig sind, werden von unserem lokalen Hersteller Tactical Foodpack bereitgestellt, dessen À-la-carte-Menü umfangreich ist. Wir frühstücken an Orten, wo es keinen Zugang zu heißem Wasser gibt. Die Mahlzeiten werden auch sehr gut mit kaltem Wasser zubereitet. Die Hauptgerichte konsumieren wir meistens in den Wehcselbereichen, wo heißes Wasser verfügbar ist oder zubereitet werden kann. Da die Druckschlussbeutel verschließbar sind, kann die Verpflegung oft mit auf die Strecke genommen werden. Unterwegs konsumieren wir auch Core Shake Smoothies von Tactical Foodpack, die sehr proteinreich sind, und als Belohnung die gefriergetrockneten Rumkugeln, die dieses Jahr ins Sortiment kamen. Während des Rennens gilt als wichtigste Ernährungsregel die Abwechslung, denn der Körper will nicht ständig die gleichen Geschmäcker wenn er erschöpft ist. Dann nehmen wir auch zum Beispiel lokale Bonbons, Corny, Gels von Sponser, vakuumverpacktes Gebäck und Marzipan mit. Ein zuckerhaltiges Sportgetränk verursacht bei den meisten Menschen nach einer gewissen Zeit Übelkeit. Daher trinken wir auf unseren Reisen lieber Wasser oder fügen dem Wasser kalorienfreie Elektrolyttabletten (Produkt von Sponser) hinzu, um die Wasseraufnahme im Körper zu verbessern. Die klassische Ernährungsregel lautet: Um Energiemangel zu vermeiden, muss jede Stunde etwas gegessen werden.
- Die Ausrüstung muss zuverlässig sein und vorzugsweise vorher getestet sein. Die Socke muss den Fuß halten und der Schuh muss stützend sein. Unsere Favoriten sind CEP-Socken und Schuhe von La Sportiva geworden. Unsere Hosen haben die 2/3 Länge, sind eng anliegende und der untere Teil wird durch Kompression im Unterschenkel gestützt. Normalerweise bewegen wir uns so, dass bei heißem Wetter der ganze Körper mit einer einzigen Kleidungsschicht bedeckt ist. Wir tragen zum Beispiel ein kurzärmliges Shirt und haben Ärmel an, die heruntergeschoben werden können, wenn es heiß wird, und hochgezogen werden, wenn es kühl wird. Außerdem bieten sie einen guten Sonnenschutz, ebenso wie die Caps mit nach unten gerichtetem Nackenschutz. In dem Rucksack ist immer eine wasserdichte Core-Tex-Jacke enthalten, deren Hauptfunktion neben dem Regenschutz darin besteht, nachts eine zusätzliche wärmere Schicht zu bieten. Je nach Wettervorhersage und Pflichtausrüstung des Veranstalters sind auch eine Midlayer-Zwischenschicht zum Warmhalten des Körpers und eine wasserdichte Hose dabei. Da durch die Feuchtigkeit und Hitze die Füße schwitzen, wechseln wir an jedem Umkleideplatz die Socken und wenn möglich die Schuhe gegen trockene. Bei Abenteuersport ist es möglich, Ausrüstung und Verpflegung vorab in bestimmte Wechselbereiche zu schicken, weshalb solche Möglichkeiten immer genutzt werden müssen. Um uns im Dunkel fortzubewegen haben wir natürlich Stirnlampen mit. Wir verwenden die Lampen von Lupin, die zuverlässig und wasserfest sind.
All diese Weisheiten gelten auch, wenn du einfach eine längere Wanderung unternimmst. Also, warum machen wir das? Diese Frage wird uns am häufigsten gestellt. „Schau mal, das ist so ein Wettbewerb… und außerdemein hat ein Freund mich eingeladen“.
Neben dem Wunsch sich selbst herauszufordern und sich selbst zu überwinden, ist Abenteuersport eine großartige Möglichkeit, die Schönheit einer Region oder eines Landes zu erleben. All dies natürlich in kürzester Zeit. Sie müssen nie wieder denselben Weg durchlaufen. Oft landen Sie an Orten, an denen Sie mit keinem Touristenpaket hinkommen. Die Route, die durchlaufen werden soll, wird sorgfältig vom Organisator für den Abenteurer ausgewählt. Auf der gleichen Weise möchten wir durch unsere Erfahrungen mit Tactical Foodpack Expedition Estonia – expeditionestonia.com ein starkes positives Gefühl bieten.
Timmo Tammemäe Estonian ACE Adventure / La Sportiva